Viele, die ernsthaft auf ihre Schulzeit zurück blicken, oder heute ihr Kind beobachten, werden feststellen, dass sich in der Regel schnell Enttäuschung ausbreitet. Jeden Tag früh morgens auf zu stehen, um dann die meiste Zeit fest an einem Platz zu sitzen und sich nur alle 45-90 Minuten ein wenig bewegen zu dürfen…? Kein Mensch würde freiwillig auf diese Idee kommen!
Zuvor war selbst im Kindergarten noch großteils freies Spiel angesagt und viel Bewegung und Spaziergänge und Zeit auf dem weitläufigen Außengelände – und plötzlich: Aus!
Dabei ist die Bewegung für unsere Kinder sooo unglaublich wichtig und die aktuelle Form der Regelschule ist längst – sogar von Lehrern selbst! – als „nicht-artgerechte Haltung“ durchschaut.

Zum Glück gibt es inzwischen in Deutschland viele Erwachsene, die sich mit dem Thema ernsthaft auseinander setzen und entweder mit den Kindern freilernen (und dann oft ins Ausland auswandern (müssen)) oder die sich die große Mühe machen, eine eigene Schule zu gründen.

Wie wir zur Frei-Aktiven Schule kamen!

Auch wir sind überhaupt nicht von der Regel-Schule überzeugt. Ich brauche mich nur an meine Schulzeit erinnern… und heute ist alles ja leider nochmal „leistungsorientierter“ geworden. Daher haben wir uns schnell entschieden: Das tun wir unseren Kindern nicht an!

Wir suchten uns eine freie Schule aus, um genau zu sein eine „Freie Aktive Montessori Schule“ (wobei es sich um eine „frei-aktive“ Schule handelt, die auch Montessori-Material verwendet, und nicht um eine Montessori-Schule) und bemühten uns, hier einen Platz zu bekommen.
Leider klappte das bei unserem Großen (Luca) zu Beginn nicht, es waren einfach keine Kapazitäten frei, und so musste er nach Absprache schweren Herzens doch in die örtliche Regelschule gehen.
Die nächsten zwei Jahre besuchte er also diese Schule und brachte jeden Mittag ein „Geschenk“ namens Hausaufgaben für die Familie mit. Ein Geschenk, dass oft mit Tränen endete, da wir als Eltern ja „gezwungen“ waren, dem Wunsch der Schule nach Erledigung, auszuführen…

Wir blieben aber hartnäckig an unserer Wunsch-Schule dran und als wir das Aufnahmeverfahren für unseren Mittleren (Luis) begannen, kam ur-plötzlich die freudige Nachricht, dass Luca nun doch einen Platz hätte und so wechselte er Anfang der dritten Klasse endlich und mit einem großartigen Gefühl der Erleichterung an diese Schule. Inzwischen kommt er nun in das 5. Schuljahr, während Luis, letztes Jahr eingeschult, nun in das 2. Schuljahr wechselt.

Was ist überhaupt eine Frei-Aktive Schule?

Pauschal ist das nicht zu sagen, da es von freier Schule zu freier Schule immer etwas anders ist. Wenn ihr Euch also für eine alternative Schule interessiert, müsst ihr Euch stark mit dem Konzept auseinandersetzen und fühlen, ob diese Schule zu Euch passt.

Bei uns sind Grundunterschiede zur Regelschule unter anderem:

– keine Hausaufgaben

– keine Noten

– keine Unterrichtsfächer

– keine Klassen und Lehrer, sondern drei Stufen (1-3, 4-6 und 7-10) mit je ca. 20 Kindern und 2-4 Lernbegleiter die je Stufe immer anwesend sind und Projekte anbieten, oder individuelle Bedürfnisse begleiten (z.b. Jemand möchte lesen oder einen Brief schreiben… Oder herausfinden wie ein Tsunami funktioniert – dann wird versucht, dies möglich zu machen)

offene Anfangszeit zwischen 8.00 und 8.45 (so wird man den meisten Kindern gerecht. Unser Großer geht gerne schon um 8 Uhr, der Kleinere erst später, er möchte schläft einfach länger und möchte gemütlich im Familienkreis frühstücken)

offene Räume: so können sich Ältere mit Jüngeren verbinden, können jederzeit in Gemeinschaftsräume, Küche, Werkstatt und natürlich nach draußen!

Wildnispädagogen und entsprechende Wildnis-Angebote.

Elternmitarbeit

Transparenz, echter Austausch zwischen Eltern, Lernbegleitern und Schülern auf Augenhöhe

Am Ende der „Schullaufbahn“ steht den selbstbestimmenden Kindern frei, die Mittlere Reife oder den Hauptschulabschluss zu machen oder auch ohne Abschluss die Schule zu verlassen. Auf alle Prüfungen wird sich intensiv vorbereitet – es gilt: Wer sich frei entscheidet, eine Prüfung zu absolvieren, der hat großes Interesse daran, sich das notwendige Wissen anzueignen.
Die bisherigen Erfahrungen an unserer Schule spiegeln wieder, dass dem genau so ist.

Unsere Erfahrungen mit der Frei-Aktiven Schule


„Lernen eure Kinder überhaupt irgendetwas auf dieser Schule?“

Klar, es ist für manche schwer zu verkraften, dass unsere Kids gleich nach der Schule und dem Mittagessen auf der Straße zu sehen sind und Spaß haben, während die anderen mindestens bis 16 Uhr nicht raus dürfen, weil sie mit ihren Hausaufgaben kämpfen.
Und auch klar, wenn dein Kind, so wie zum Beispiel unser Luis, nach Hause kommt und jedesmal, wenn wir nachfragen erzählt: „Ich habe heute nur Fußball gespielt, und Monopoly“, dann ist es für viele Eltern leider schwer, das auszuhalten.

Was es dann braucht, ist… VERTRAUEN! Vertrauen in Dein eigenes Kind!
Nichts sollte uns Eltern leichter fallen.
Doch ist es für viele sehr schwer.
Für mich nicht – ich bin voller Vertrauen,
und kann nur ermutigen: Vertraut euren Kindern!

Zurück zur Frage: „Ja klar!“ ist die Antwort! Die Kinder lernen was sie wollen. Das ist genau dass, was wir uns alle sehnlichst wünschen. Das zu tun und das zu lernen, was wir selbst wollen – nicht jemand anderes.
Niemand möchte nichts lernen. Selbst ein 80-jähriger stellt ja sein Interesse an Neuem nicht ein, er lernt immer weiter und beschäftigt sich mit den Dingen, die ihn bewegen.
Das ist bei unseren Kids genauso. Sie haben auch Laufen und Reden gelernt. Einfach so! Nur dadurch, dass sie uns gesehen und gehört haben und den Wunsch hatten: „Boah, das will ich auch!“

Um noch einmal konkret Luis als Beispiel zu nehmen: Obwohl er – laut seinen Erzählungen – eben fast nur Fußball und Monopoly gespielt hat, kann er extrem gut rechnen. Besser und höher als viele 3. Klässler. Und auch praktisch umsetzen, selbständig an einer Kasse bezahlen oder Wechselkurse umrechnen (z.B. wenn in Kroatien für eine Taucherbrille 35 Kuna verlangt werden, dass dies dann grob 5 Euro sind und er sich selbst überlegt, ob er sichh das leisten kann und will). Dafür liest und schreibt er weniger als die Gleichaltrigen, die es lernen mussten. Aber er hat so großes Interesse daran, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Da bin ich voll im oben genannten Vertrauen.

An der Schule selbst gibt es natürlich auchviele Angebote: Kochen, Kreatives, Bewegung/Sport/Akrobatik, Mathematik, Naturwissenschaften, Kosmik, Musikalisches, Fremdsprachen, Wildniss… und jeder kann teilnehmen, oder eben auch nicht. Völlig frei und selbstbestimmt!

Ein letztes Wort noch zu den Eltern und ihrer Rolle:
Zum Einen handelt es sich bei dieser und ähnlichen Schulen um von Eltern organisierte Schulen. Jeder muss/sollte also mitwirken und meist in Arbeitsstunden für die Schule und somit für die eigenen Kinder mitwirken. Das beginnt beim Putzen der Schule oder das Herrichten des Außengeländes und zieht sich über Veranstaltungs-Organisation bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit (Pflege der Homepage, Ankündigungen in Presse, etc.). Für manch einen mag dies nach Stress klingen, in Wahrheit ist es Austausch und Verbindung mit Gleichgesinnten. Und ganz praktisch gesehen, spart es Dir selbst Geld, denn leider erhalten solche Schulen vom Land nur einen begrenzten Zuschuss – nicht annähernd vergleichbar mit dem, was Regelschulen kassieren – und so muss der Rest von den Eltern getragen werden.
Zum Anderen ist der Besuch deiner Kinder dieser Schule oft heilsam für Dich selbst! „Wunden“ aus deiner Schul-Vergangenheit können heilen, Du wirst von Jahr zu Jahr ebenfalls freier und erlaubst Dir selbst wieder mehr, dass zu tun, was Du wirklich willst und Du kommst mehr in dieses bereits mehrfach genannte Vertrauen. Sorry, dass ich es mehrmals erwähnen musste, aber es ist so ein zentraler Punkt! Vertraut auf eure Kinder, vertraut auf Euch selbst! ?

Wenn Ihr mehr über das freie Lernen wissen möchtet, dann meldet Euch doch für unseren Newsletter an.
Wir werden immer wieder berichten.

Auch möchte ich nicht versäumen in diesem Rahmen auf den fantastischen Blog unter dem Namen „Begeistert Lernen“ von meiner Freundin Karen Netzel hinzweisen: begeistertlernen.wordpress.com/
Schaut mal rein, hier gibt es viel Input zum Thema „Freies Lernen“.

Wenn Ihr Fragen habt, meldet Euch gerne.
Oder schreibt einen Kommentar hier unter den Artikel!
Es wäre mir eine Freude!

Alles Liebe
Kevin