Geschichtliches:

Der unverwüstliche Giersch – lange Jahre der Schrecken vieler Gärtner. Um so erfreulicher, dass er sich langsam aber sicher seinen einstigen Ruf als ausgesprochen gesunde und nahrhafte Pflanze wieder zurück erobert.

Der Giersch ist in der Geschichte sehr präsent und wurde einst sogar aufgrund seiner heilkräftigen Wirkung in Klostergärten regelrecht angebaut.
Hildegard von Bingen schwor auf seine Fähigkeit, bei Rheuma und Gicht hilfreich zu sein. Daher stammt im übrigen auch der Name „Zipperleinskraut“.

Tabernaemontanus schrieb in seinem 1588 erschienenen Neuw Kreutterbuch:

[…]Wiewohl der Geyßfuß ein verachtetes unnd unachtsam Kraut ist, so hat es doch auch seinen Gebrauch in der Artzeney überkommen und wird insondere höchlich gelobt zu dem Zipperlein (Gicht), Gliedsucht und Hüfftwehe. Deßgleichen zu den faulen Fiebern in Wein gesotten unnd morgens und abends darvon getruncken oder sonst zu Getränken gebraucht.
Wider die faulen Fiebern soll man die Gierschwurzel zu Pulver stossen und darvon ein Quintlein mit Wein darinn Geyßfüsselkraut gesotten worden, etliche Tag nacheinander warm trincken und darauff schwitzen…Der Giersch (Geyßfüssel), äusserlich Pflastersweiß übergelegt oder damit gebadet, ist ein gute Artzeney wider das Zipperlein (die Gicht), Gliedtsucht und die Schmerzen der Hüfft.
Schweißbäder darvon gemacht unnd deß Pulvers ein Quintlein mit Wein getruncken wann man in ein Schweiß will gehen und wolgeschwitzt, verhütet den Menschen vor dem Zipperlein und Gliedsucht, vertreibt das kalt und laufende Gegicht in den Gliedern. […] [1]

Auch der Kräuterpfarrer Künzle lobte den Giersch und bezeichnete ihn als „herrliche Medizin“. Er fügte der Behandlung von Rheuma und Gicht noch Zahnschmerzen, Verstopfung, Krampfadern und Husten hinzu.

Zu verdanken haben wir den Giersch im übrigen vermutlich den Römern, die ihn ihrerseits als Gemüsepflanze verwendeten und ihn mit auf ihre Streifzüge nahmen. [2]

Es lohnt sich auf jeden Fall, den Giersch für die eigene Küche zu entdecken und vorzugsweise roh in die Ernährung zu integrieren. Wie die meisten Wildkräuter generell, verfügt auch der Giersch über deutlich höhere Nährstoffwerte und damit eine hohe Nährstoffdichte als unser klassisches Kulturgemüse.

Giersch (pro 100 g):
Vitamin C: 201 mg
Provitamin A: 684 mcg
Reineiweiß: 6,7 g

Im Vergleich dazu Chinakohl (pro 100 g):
Vitamin C: 36 mg
Provitamin A: 13 mcg
Reineiweiß: 1,3 g

Um immer junge, zarte Blätter zur Verfügung zu haben, empfiehlt es sich, die Bestände mehrmals im Jahr zu mähen. Das fördert einen kräftigen Nachwuchs. Alternativ ist es natürlich auch möglich, entsprechenden Appetit zu entwickeln, Nachbarn und Freunde dazuzuholen und ihn einfach aufzuessen…viel Glück dabei 🙂

Nun aber zum Steckbrief:

Familie:

Doldengewächse (Apiaceae)

Synonyme:

Dreiblatt, Geißfuß, Ziegenkraut, Schettele, Zaungiersch, Baumtropf, Zipperleinskraut, Wiesenholler und noch viele mehr

Vorkommen:

Europa bis nach Sibierien und Nordamerika

Standort:

Stickstoffreiche, nährstoffreiche und tiefgründige, leicht bis mäßig saure Böden.
Schattige und feuchte Flächen entlang Gebüschen und Laub-/Mischwäldern, in Gärten und Parks.

Hauptblüte:

Juni bis August

Erntezeitpunkt:

Besonders im Frühjahr und Sommer, aber auch bis zum Frost verwertbar.
Etwa März bis Oktober/ November.

Vermehrung:

Vegetative Vermehrung durch unterirdische Ausläufer.

Bestimmungsmerkmale:

Inhaltsstoffe:

Heilwirkung:

 

Gefahrenhinweise:

Unter den Doldenblütlern gibt es hochgiftige Vertreter. Der Giersch ist im Gegensatz zu anderen zwar gut zu erkennen, bei Unsicherheit aber bitte UNBEDINGT eine fachlich kompetente Person zu Rate ziehen und sich zeigen lassen.


Verwendung:

Vorrangig die Blätter, aber auch Stengel und Blüten sind essbar: Salat, Pesto, Kräuterquarkvarianten, Saft, Wildspinat, Mischung mit anderen Gemüsesorten, Dips, Dressings, Smoothies uvm
Als Aufguß oder Tee als Badezusatz oder als Auflage auf schmerzende Stellen.


Rezepte:

Mein Lieblingssaft:

Zutaten:

Zubereitung:

Entsprechend der vorhandenen Geräte zerkleinern und direkt entsaften. Falls kein Entsafter (Slow Juicer) verfügbar ist, kann man es auch mit Wasser im (Hochleistungs-)Mixer pürieren und anschließend durch z.B. einen Nußmilchbeutel geben.

Und wem es zu schade ist, den Trester wegzuwerfen – da gibt es z.B. die Variante, ihn in einem Brot einzuarbeiten. Sind Hunde vorhanden? Prima, einfach unters Futter mischen.

Gedünstetes Giersch-Gemüse:

Zutaten:

Zubereitung:

Gierschblätter grob zerkleinern, die Paprika und die Pilze in feine Streifen schneiden.

Die Zwiebel und die Knoblauchzehe fein Würfeln und in etwas Öl andünsten. Zuerst die Parika, dann die Pilze hinzufügen und sanft dünsten bis zum gewünschten Weichheitsgrad. Mit einem kleinen Schluck Weßwein/ Essig ablöschen. Den Giersch erst kurz vor Schluß hinzufügen und nur schnell zusammenfallen lassen.

Mit den Gewürzen und dem Mandelpüree abschmecken und genießen.


Literaturverweise:

Rudi Beiser: Unsere essbaren Wildpflanzen. Bestimmen, sammeln und zubereiten. Kosmos Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-440-13605-8, S. 152.

Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann, Roland Spiegelberger: Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau 2013. 3.Auflage 2016. ISBN 978-3-03800-752-4, S. 141.

Wildgemüse (Nr. 1182), herausgegeben von aid–Infodienst, Bonn, 1982.

Dr. Markus Strauß: Die Wald-Apotheke. Bäume, Sträucher und Wildkräuter, die nähren und heilen. Knaur-Verlag, München 2017, ISBN 978-3-426-65804-8, S. 39 ff.

Weblinks:

[1] http://docnum.u-strasbg.fr/cdm/ref/collection/coll13/id/6997

[2] https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/rom-am-rhein-teil-3-zentrum-des-imperiums-100.html