Geschichtliches:

Die Knoblauchsrauke mag auf den ersten Blick etwas unscheinbar wirken, und dennoch ist sie eines der ersten und vor allem wohlschmeckensden Wildkräuter im zeitigen Frühjahr. Ganz versteckt findet man die deutlich nach Knoblauch riechenden und schmeckenden Blattrosetten bereits unter Hecken oder an Waldrändern, wenn andere noch gar nicht an Frühlingserwachen denken.
Einst im Mittelalter, als Gewürze rar und überaus teuer waren, war sie beliebt und galt als Würzmittel und Salz für die armen Leute. Sie wurde sogar regelrecht angebaut, und man wußte sich durchaus auch ihrer Heilkräfte zu bedienen.

Sie ist über die Jahrhunderte, wie so viele andere auch, leider etwas in Vergessenheit geraten, erlebt aber mittlerweile wieder eine Renaissance, sozusagen.

Hieronymus Bock (1498 – 1554), sozusagen einer der Urväter der Botanik, schrieb in seinem „Das Kreutterbuch“ (1539, Straßburg):

Die Knoblauchsrauke ist ein edels Kraut zu den grünen Saassen (Soßen), mit Essig und Ingwer abbereit. Seind nicht zu hitzig, meins bedunckens gesunder und anmütiger weder die scharffen Senff Saassen. Sonst ist das vermögen der Knoblauchsrauke wie der Cressen und Senffkreuter, doch allerding milter. […]

Ausgrabungen in Neustadt/Holstein und Stenø/Dänemark haben ergeben, das die Geschichte der Knoblauchsrauke noch viel weiter zurückreicht:

Archaeologists at York, working with colleagues in Denmark, Germany and Spain, have found evidence of the use of spices in cuisine at the transition to agriculture. The researchers discovered traces of garlic mustard on the charred remains of pottery dating back nearly 7,000 years.
The silicate remains of garlic mustard (Alliaria petiolata) along with animal and fish residues were discovered through microfossil analysis of carbonised food deposits from pots found at sites in Denmark and Germany. The pottery dated from the Mesolithic-Neolithic transition from hunter-gathering to agriculture. [1]

[Anm.: Archäologen in York, die mit Kollegen in Dänemark, Deutschland und Spanien zusammenarbeiten, haben Hinweise auf den Einsatz von Gewürzen in der Küche beim Übergang zur Landwirtschaft gefunden. Die Forscher entdeckten Spuren von Knoblauchsrauke auf den verkohlten Überresten von Keramik, die fast 7.000 Jahre alt sind.
Die silikatischen Überreste von Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) sowie Tier- und Fischrückstände wurden durch Mikrofossilanalyse von verkohlten Lebensmittelablagerungen von Töpfen entdeckt, die an Standorten in Dänemark und Deutschland gefunden wurden. Die Keramik stammt aus dem Übergang von der Jägerzeit zur Landwirtschaft.
] [1]

Aus dem Wikingermuseum Haithabu stammt folgende Information:

„Die in Töpfen gefundene Knoblauchsrauke war im Frühjahr die erste Pflanze, die nach dem eintönigen Essen der Wintermonate gesammelt und gegessen werden konnte“ [2]

Auch im Kräuterbuch von Pietro Andrea Mattioli fand die Knoblauchsrauke Erwähnung:

[Anm.: Quelle: Deutsches Textarchiv, siehe [3] und [4] in den Linkverweisen unten]


Nun aber zum Steckbrief:

Familie:

Kreuzblütler (Brassicaceae)

Synonyme:

Lauchkraut, Knoblauchhederich, Ackerlauch,

Vorkommen:

Europa, Vorder- und Zentralasien und Teilen Nordafrikas

Standort:

Laubwälder, Wald- und Wegränder, entlang Hecken und Zäunen.
Sie bevorzugt halbschattige Standorte, sowie feuchte und nährstoffreiche Böden.
Stickstoffanzeiger

Hauptblüte:

April bis Juni

Erntezeitpunkt:

März bis in den Herbst

Vermehrung:

Samen und Ausläufer

Bestimmungsmerkmale:

Inhaltsstoffe:

Heilwirkung:

Gefahrenhinweise:

Keine


Verwendung:

Blätter, Blüten, Schoten und Wurzel

Die Blätter schmecken angenehm fein-würzig nach Knoblauch und sollten am besten roh und direkt nach dem Pflücken zubereitet und verzehrt werden, da die ätherischen Öle sehr schnell flüchtig sind. Die jungen grundständigen Blätter bzw die Triebspitzen eignen sich hervorragend für Salate, Dips, Pesto oder Kräuterquark.

Die Blüten dienen als würzige Deko.

Die (Pfahl-)Wurzeln werden im Frühjahr oder im Herbst geerntet. Sie schmecken nach Meerettich und lassen sich gut mörsern oder reiben, um eine pikante Würzpaste oder ein Pesto herzustellen.

Die Schoten kann man auf mehrere Arten verwenden. Die Samen entweder jung und grün ernten und mit etwas Öl, Essig und Salz pürieren. Man erhält daraus eine scharfe, grüne Paste.
Alternativ kann man die reifen Samen ernten und sie entweder in einer Gewürzmühle als Pfefferersatz nutzen oder sie fein mahlen und mit den klassischen Zutaten einen Senf herstellen.
Eine weitere, allerdings etwas mühselige Methode, ist das Trocknen und Verwenden als Sprossensaat.


Rezepte:

Frühlingssalat

Zutaten:

Zubereitung:

Den Salat mit einer ordentlichen Portion Liebe und Achtsamkeit mundgerecht zerpflücken und in eine Schüssel geben.

Aus Essig, Öl, Salz, Pfeffer und eventuell einem Süßungsmittel eine Vinaigrette erstellen, löffelweise über den Salat geben und vorsichtig untermischen, damit die zarten Blätter nicht zusammenfallen.

Anrichten und mit Blüten, Sprossen und Nüssen dekorieren.


Knoblauchsraukensenf

Zutaten:

Zubereitung:

Die Samen fein mahlen. Geht bei getrockneten Samen ganz gut in einer Kaffeemühle, ansonsten hilft der gute alte Mörser. Die restlichen Zutaten dazugeben und kräftig verrühren, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. In ein Gläschen füllen und kühl stellen.

 


Literaturverweise:

Hieronymus Bock: Das Kreutterbuch, Darinn Underscheidt, Namen vnnd Würckung der Kreutter, Stauden, Hecken vnnd Beumen, sampt jhren Früchten, so inn Deutschen Landen wachsen Durch H. Hieronymum Bock auss langwiriger vnd gewisser erfarung beschrieben

Rudi Beiser: Unsere essbaren Wildpflanzen. Bestimmen, sammeln und zubereiten. Kosmos Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-440-13605-8, S. 134.

Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann, Roland Spiegelberger: Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau 2013. 3.Auflage 2016. ISBN 978-3-03800-752-4, S. 126.

Weblinks:

[1] https://www.york.ac.uk/archaeology/news-and-events/news/external/news2013/prehistoric-spice/

[2] https://www.shz.de/lokales/schleswiger-nachrichten/pflanzenwelt-der-wikinger-thymian-gegen-entzuendungen-id621431.html

[3] http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/zwinger_theatrum_1690/?hl=Alliaris&p=453

[4] http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/zwinger_theatrum_1690/?hl=Alliaris&p=454